Microtraining-Sessions: Komprimierte Trainings in Kurzzeitformat

Statistiken zeigen: Von vielen betrieblichen Weiterbildungstrainings wird kaum mehr als 13% im Arbeitsalltag umgesetzt. Viel Aufwand – wenig Ertrag, könnten wir nüchtern festhalten. Aus gutem Grund versuchen Trainer und Auftraggeber schon länger, Seminare und Workshops so zu gestalten, dass ein maximaler Lerntransfer entsteht.

Doch wie gelingt das? Um diesen Transfer zu verbessern, ist nicht nur der Inhalt des Trainings relevant. Ebenso geht es darum, den richtigen Takt und die richtige Kombination von Workshop, Umsetzung im Alltag und Reflexion auf der Metaebene zu finden. Microtrainings (MTS) können diese Art von Lernprozess hilfreich unterstützen.

Bildschirmfoto 2014-12-04 um 12.27.59Für den Transfer braucht es alle

Microtraining Sessions verbinden „edutainment“, die unterhaltsame Vermittlung von Wissensinhalten, mit der Möglichkeit, eigene Erfahrungen in der Gruppe auszutauschen. Auf die Schnelle und zwischendurch. Die kurzen Lerneinheiten finden isoliert als autonome, kurze „Trainingshäppchen“ statt. Oder sie sind Teil eines strukturierten Programms mit klarem Zeitpunkt und definiertem Ablauf. Die Mini-Formate sind damit eine Ergänzung zu klassischen Weiterbildungen. Doch das Repetieren und Vertiefen finden nicht im Alleingang, sondern eben in der Gruppe statt. Immer mit dem Ziel, die angestrebten Verhaltensänderungen rasch in die Praxis zu integrieren.

Die Struktur einer typischen Microtraining-Session

Ein Microtraining besteht aus fünf Phasen und ist nach dem Prinzip des „active Learning“ aufgebaut:

Phase 1: Aufmerksamkeit erzielen.

Phase 2: Sinnfrage klären.

Phase 3: Wissens- und Infovermittlung

Phase 4: Let’s do it!

Phase 5: Messen des Lernerfolges

Während es in der ersten Phase darum geht, mit der ganzen Aufmerksamkeit in der kurzen Trainingseinheit anzukommen; klärt der Trainer oder die Trainerin in der zweiten Phase den Zweck und das „Warum“ der Veranstaltung. In der dritten Phase folgen theoretische Hintergründe und möglichst anschauliche und eingängige Tipps. In der vierten Phase, die zeitlich deutlich länger dauert, soll das eben Gehörte einzeln oder in Kleingruppen mit Bezug auf den eigenen Arbeitsbereich praktisch erprobt werden. In einer Auswertung vor Ort oder durch eine Begleitung am Arbeitsplatz wird in der fünften Phase geklärt, was erfolgreich umgesetzt wird.

Der beste Zeitpunkt ist…jetzt!

Microsession Trainings können vor einem Training genutzt werden. Dann geht es darin um die Vorbereitung der Lerninhalte. Mit dem Vorteil, dass die Lernenden am Seminartag auf einer annähernd gleichen Stufe rasch ins Thema einsteigen können. Beispiel: In einem Seminar zu Präsentationstechnik, wird so vorgängig das Wissen zu Planung, Einstieg, Durchführung und Abschluss von einem Referat geklärt oder aufgefrischt.

Dann ist auch ein Einsatz nach der Trainingseinheit sinnvoll: Hier sorgt das MTS für eine Verankerung der Inhalte und fördert den Lerntransfer. Beispiel: Anhand von konkreten Fällen aus der Praxis zeigen sich Schwierigkeiten in der Umsetzung, die in der Gruppe besprochen und geklärt werden können.

Schliesslich eignen sich MTS auch als selbständige Lerneinheiten: Die Verantwortlichen erhalten so die Sicherheit, im Gegensatz zu schriftlichen Unterlagen oder elektronischen Aufgaben, dass alle Lernenden vor Ort dabei sind. Diese wiederum können mit Fragen Unsicherheiten klären und sich mit dem Thema in der Gruppe auseinandersetzen.

Aufwand und Zeitbedarf

Ideal sind kleinere Gruppen von vier bis sechs Teilnehmenden. So kann sich niemand „verschlaufen“ und eine Diskussion ist leichter möglich. Je nach Lernziel braucht es 15 bis 60 Minuten. Oft ist es ratsam, eine längere Trainingseinheit in zwei Sequenzen zu 30′ aufzuteilen.

Bewährt haben sich Formate wie z.B. „Coffee-to-Learn“ (statt „to go“) eine Viertelstunde vor oder nach Arbeitsbeginn, bevor die Mitarbeitenden in die Hektik des Alltags eintauchen. Ebenfalls eignen sich „Lunchbag-Sessions“, bei denen ein Sandwich, Apfel und ein Getränk offeriert werden und die MTS über den Mittag läuft. lohnt es sich, einen geeigneten Zeitpunkt zu definieren, der sozial verträglich ist -für Mitarbeitende mit familiären oder freundschaftlichen Pflichten- und dieses anschliessend beizubehalten.

Vorbereitung für’s Training

MTS bieten viele Vorteile. Doch die Vorbereitung ist nicht zu unterschätzen. Damit weder die Trainerinnen oder Trainer, noch die Mitarbeitenden unnötig unter Druck geraten, sollen die Termine in der Arbeitsplanung berücksichtig und als Arbeitszeit abgegolten werden. Alle beteiligten gehen dann mit der notwendigen Ernsthaftigkeit an die Sache und die Absichtsbekundung zur Weiterbildung transformiert sich in Realität.

Wer sich für das Thema interessiert, findet im aktuellen Buch von Barbara Illi aus dem Verlag ManagerSeminare (2014) wertvolle Informationen: Microtraining Sessions. Kompromierte Trainings in Kurzzeitformat.

FlatworldKnowlegde – Schul- und Lehrbücher mit Web 2.0 auf Zielgruppe anpassen

Schulbuchverlage: Aufgepasst!: FlatworldKnowledge bietet neu Schul- und Lehrbücher, die von Lehrern/Professoren umgeschrieben und an das jeweilige Unterrichtskonzept angepasst werden können:

“Remixable Books” nennt Flatworld-Knowledge sein Konzept, das irgendwie an http://www.bookriff.com erinnert. Eine interessante Idee – die auch schon einen Nachahmer gefunden hat: Kein geringerer als Macmillan Publishers Ltd. hat  2010 mit DynamicBooks ein CopyCat für den  Wissenschaftsbetrieb ins Rennen geschickt. Ob sich deutschsprachige Verlage das Konzept schon angeschaut hat?

Buchkritik: miminal lernen von Regina Hunter

Viel Stoff, aber wenig Zeit, beschäftigt wohl viele, wenn nicht alle Bildungsfachleute, aber in erster Linie natürlich Lernende, also Kinder, Jugendliche und Erwachsene.

Regina Hunter legt mit ihrem Titel ein handliches und aussagekräftiges Arbeitsbuch zum Thema vor. Sie schlägt minimales Lernen vor und meint damit einerseits den Lernstoff nach den Funktionsweisen des Gehirns aufzubereiten und andererseits die Motivation zum Lernen durch eine Reduktion des Lernstoffes auf das minimal Wichtige nicht zu überstrapazieren. Überraschend setzt sie für den Lernerfolg zu diesen zwei Elementen ein drittes dazu:  für das Lernen nur minimale Zeit zu gewähren.

Da ich selber seit einigen Jahren „didaktische Reduktion“ unterrichte und in Institutionen und Firmen entsprechende Schulungen leite, hat mich dieses Buch besonders interessiert.

Denn noch immer gibt es im deutschsprachigen Raum -mit Ausnahme von M. Lehner- kaum Beiträge zu diesem wichtigen Thema. Das vorliegende Buch versucht diese Lücke zu schliessen und bietet neben Hinweisen zu aktuellen neurobiologischen Forschungsresultaten eine Aufzählung der wichtigsten psychologischen Grundlagen erfolgreichen Lernens. Dabei spannt es den Bogen weit, von der Primarschule bis zur Erwachsenenbildung auf Hochschulstufe. Mir gefällt die Grundhaltung der Autorin, Bildungsarbeit als Beziehungsarbeit zu verstehen. So folge ich auch gerne ihrem Fazit, Lernerfolg gelinge letztlich am besten, wenn die Lernenden ermutigt werden einen innovativen, unkomplizierten, sie nennt es auch frechen Umgang, mit Wissen zu pflegen.

Das Buch gliedert sich nach einer Einleitung in drei Kapitel, mit den Überschriften

  1. Mastering Oberhand gewinnen
  2. Das Minimale und
  3. Minimale Zeit bereitstellen.

Anschliessend folgt im Kapitel „Diskussion“ eine interessante Überleitung zu den Herausforderungen der Wissensgesellschaft und zur Forderung nach Teilhabe der Individuuen an dieser Gesellschaft. Hunter zitiert dabei Schlüter (2009):

„Bildung liefert Orientierungswissen in einer komplexen Welt. Wer nichts weiss, muss alles glauben.“

Lesenswert auch Ihre Beschreibung von Schulerfolg als starker Faktor der Resilienz, wo sie erneut die Bedeutung einer guten Beziehung zwischen Lehrperson und Lernenden herausstreicht.
Die Autorin schliesst mit einem „Ausblick“ und führt nochmals die Notwendigkeit von Innovation, aber auch die Bedeutung von Vernetzung und Inspiration für kommende Generationen aus. Sie zitiert Scharmer (2009) und meint, wir befänden uns „zunehmend in einer Situation, in der wir immer häufiger mit Herausforderungen und Veränderungen konfrontiert sind, denen mit den Denk- und Verhaltensmustern der Vergangenheit nicht beizukommen ist und die Deshalb ein Umdenken und einen neuen Ansatz notwendig machen.“

Wobei Einstein dies schon mal einfacher (auch wenn sprachlich evt. missverständlich) ausgedrückt hat:

Probleme kann man niemals mit derselben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind.

Fazit: Ein sorgfältig recherchiertes und praktisch umsetzbares Buch, geeignet für Bildungsfachleute, Schulleitende und Eltern, die für Kinder und Lernende „entgegenkommende Verhältnisse“ (Jürgen Habermas) schaffen wollen und die Bedeutung einer klugen, didaktischen Reduktion erkannt haben.

ISBN 978-3-03905-731-3, hep Verlag, November 2011, 68 Euro

http://www.amazon.de/minimal-lernen-Regina-Hunter/dp/3039057316/ref=sr_1_1?ie=UTF8&qid=1325709821&sr=8-1