So gelingt die Transformation von Präsenz auf Online-Unterricht

Der Corona-Virus zwang viele Trainer, Ausbildende und Lehrpersonen ihre Lehrveranstaltungen von Präsenz auf Online umzustellen. Dieser Beitrag zeigt, wie die Transformation und der Einsatz von Video-Technik, Kamera und Ton, leichter gelingt.

Teilnehmer und Studierenden wollen Ihr Gesicht sehen: Lehrvideos gehörten einfach dazu

Der virtuelle Austausch ist nicht vergleichbar mit einer direkten Begegnung Face-to-Face. Gerade darum ist es wichtig, von Beginn an online eine positive Beziehung zum Gegenüber aufzubauen. Wir Menschen schätzen es, das Gesicht und die Stimme von unserem Gesprächspartner zu sehen und hören. Darum gilt: Stellen Sie sich mutig vor die Kamera, sprechen Sie … und ihr Angebot wirkt attraktiver und einladender.

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Ihr Auftritt muss nicht „perfekt“ sein, sondern informativ und ansprechend. Kleine Versprecher oder ein Kind, welches kurz durch den Hintergrund läuft, lassen Sie authentischer und noch sympathischer erscheinen.

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Die richtigen Schritte für die Aufnahme einer ersten Video-Botschaft

  • Was will ich meinen Zuhörenden sagen?
  • Geht es um eine persönliche Vorstellung im Sinne von „wer bin ich, was ist meine Erfahrung, wo liegt meine Expertise“, dann fügen Sie zusätzlich noch eine persönliche Information bei („In meiner Freizeit bin ich viel im und auf dem Wasser “ oder „die ungewöhnlichste Erfahrung als Trainer für Didaktische Reduktion, erlebte ich während einem Auftrag in Shanghai …“).
  • Bereiten Sie Ihr „Aufnahme-Studio“ vor. Dies kann ihr normaler Arbeitstisch oder das Stubensofa sein. Für die Tonqualität hilfreich ist es, wenn Sie eine Umgebung mit viel Stoff wählen. Darum könnte auch das Schlafzimmer ein geeigneter Ort sein, sofern dort Vorhänge den Schall schlucken helfen.
  • Auch wenn Sie tagsüber aufnehmen, stellen Sie möglichst viele Lampen an. Dies führt zu einem helleren und besser ausgeleuchteten Gesicht – was immer gut ankommt.
  • Für den Start mit laufender Kamera empfiehlt es sich, sich selber schon einmal „warmzusprechen„. Sprechen Sie munter drauflos, erzählen Sie eine fröhliche Begebenheit, plaudern Sie. Diesen Einstieg schneiden Sie später raus.
  • Schauen Sie die erste Aufnahme an und entscheiden Sie, ob es einen zweiten Durchgang braucht. Bald realisieren Sie, was funktioniert und wie Sie diese Aufgabe am liebsten anpacken.
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Die wichtigsten Tipps für eine gute Positionierung von Video-Trainerin Judith Steiner.

Dieses Material hilft Ihnen weiter

  • Ihr Smartphone reicht als Kamera meist völlig aus. Alternativ nutzen Sie die Kamera Ihres Tablets. An dritter Stelle kommt das Laptop mit der dort eingebauten Kamera in Frage. Die Laptop-Kameras liefern zum Teil schwächere Schärfe, als Ihr Smartphone oder Tablet.
  • Ein Stativ ist oft hilfreich und spart Zeit, um das Aufnahmegerät in die richtige Position zu bringen.

10 Tipps für Videoaufnahmen mit Smartphone Yvo Wueest

  • Für einen guten Ton lohnt sich ein externes Mikrophon. Dies kann auch ein Headset mit Mikrophon sein. Ich arbeite mit einem Rode-Mikrophon.
  • Für den Schnitt des fertigen Videos brauchen Sie kein exklusives Schneideprogramm. Vermutlich löschen Sie ja einzig den Beginn und kürzen das Ende. Dies funktioniert direkt auf Ihrem Smartphone. Alternativ laden Sie sich den kostenlosen Video-Player VLC runter, der Sie beim Schneiden unterstützt. Oder leisten sich ein Camtasia-Programm. Wertvolle Tipps für bessere Video-Aufnahmen finden sich im Blog von Judith Steiner, von der auch das Bild oben zum Thema „Positionierung“ stammt.

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So transformieren Sie Ihre Referate in eine Video-Präsentation

Wie gelingt es Ihnen, Ihre Inhalte der Schulung oder des Workshops in ein Video-Format zu transferieren? Nutzen Sie eine PowerPoint oder Keynote, dann können Sie diese direkt am PC zeigen, besprechen und als Screencast aufnehmen. Die Aufnahme wird als MP4-Datei abgespeichert und kann später beispielsweise auf Ihrem YouTube-Kanal abgelegt werden. Sofern Sie dort diese Aufnahme als „privat“ definieren, können nur Personen, die von Ihnen den Link zu dieser Aufnahme erhalten haben, den Video ansehen.

Screencast – die Ruck-zuck-Video-Aufnahme

An technischer Ausstattung brauchen Sie einzig ein Mikrophon. Sofern Sie kein externes Mikrophon haben, könnte ihr eigenes Smartphone die bessere Qualität als Ihr Laptop liefern. Der oben erwähnte kostenlose VLC-Player kann gut als Screencast benutzt werden. Screen-Cast-o-Mat oder Snagit sind Alternativen für die Aufnahme ab Bildschirm. Wer mehr Geld investiert ist mit Camtasia gut bedient. Hier kann allerdings die Vielfalt an technischen Möglichkeiten einen Laien zu Beginn abschrecken. „Weniger ist mehr“, hilft hier als Richtschnur für die Fokussierung.

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Yvo Wüest im Video-Training bei der erfahrenen Dozentin für Video-Technik Judith Steiner.

Welche Plattformen und welche Tools eigenen sich für den Einstieg?

Sofern Sie noch nicht über eine eigene LMS (Online-Lernumgebung) verfügen, beispielsweise die Lernplattform Moodle, die Sie als zentrale Austauschplattform nutzen wollen, stehen Ihnen verschiedene Varianten offen.

Mein Favorit für „synchronen“ Austausch (zeitgleiches Kommunizieren) ist die Webinar- und Meetingsplattform Zoom. Für den Einstieg gibt es dort einen kostenlosen Zugang. Dieser erlaubt allerdings nur Gespräche bis 40 Min. Wer länger und in einem professionellen Kontext Zoom nutzen möchte, braucht ein Monats- oder Jahresabo. Hier gibt’s meine Anleitung_Zoom Lizenz  Und hier meine Anleitung um ein Meeting zu betreten: Anleitung Zoom Meeting starten   

Auf der Plattform Zoom sieht man sich ‘wie normal’ und kann den Bildschirm dabei teilen. Auch Whiteboard und Kommentarfunktionen unterstützen den Austausch. Einfache Erklärfilme über die Anwendung von Zoom finden sich im Netz. Die bereits erwähnte Judith Steiner, Fachfrau für Video-Technik, erklärt hier worauf es bei Zoom ankommt. Für Fortgeschrittene gibt’s zusätzliche Zoom-Tipps hier. Nach Kritik bezüglich Sicherheit hat Zoom diese Tage nachgebessert. Sicherheitseinstellungen passen wir am besten so an.

Die direkte Ansprache der Studierenden und Teilnehmenden auf Zoom lässt sich kombinieren, mit einer Datenablage auf DropBox. Einzelne Übungen und die Präsentation von Gruppenarbeiten lassen sich auf Padlet umsetzen. Oder mit einem VoiceThread als fortzusetzender „Gesprächsfaden“. Padlet wird hier von Sebastian Schmidt gut erklärt.

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Zur kollaborativen Anwendung „Voice-Thread“ schrieb ich auf der Webseite e-teaching.org einen Fachartikel.

Hier finden sich weitere Varianten für kollaborative Online-Tools. Die PH Schwyz sammelt auf dieser Seite interessante Tools unter dem Titel „Lernen trotz Corona“. Wer statt auf Zoom lieber mit MicroSoft-Teams oder One-Note arbeitet, findet ein Anleitung hier. Schatzkiste Digitale Lehre lautet der Titel der Zusammenstellung der Hochschuldidaktikerin und Online-Pionierin Ulrike Hanke.

Woran müssen wir in Zeiten des Corona-Virus denken?

Sie verfügen inzwischen über eine halbwegs etablierte technische Umgebung für den Start? Dann überlegen Sie sich, wie es um den konstanten Zugang zu WLAN und Internet von Ihren Teilnehmenden und Studierenden steht.

  • Die nächsten Wochen und Tage zeigen, ob während der Zeit des Corona-Virus die Server-Leistungen phasenweise zusammenbrechen oder verlangsamt arbeiten
  • Gehen Sie davon aus: viele Menschen verfügen nur über ein begrenztes Datenvolumen, besonders auf ihren Smartpones.
  • Das folgende Gedankengerüst ist hilfreich:
  1. Morgenroutine etablieren und Tagesstruktur vermitteln 
  • In einem bestimmten kurzen Zeitfenster kommen alle einen Moment zusammen. Dies stärkt auch die soziale Verbindung. Ich nutze dazu Zoom, alternativ kann auch eine WhatsApp-Gruppe diesen Dienst übernehmen. Es geht um Begrüssung, Status Quo, Tages- oder Wochenplanung. Allenfalls auch Zwischenstand klären und gute Gedanken und Empathie zu äussern.

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2. Kollaborativ arbeitende Teams definieren

  • Studierende sollen sich in wechselnden Teams gemeinsam an Aufgaben setzen und diese solidarisch unterstützend im getrennten Austausch bearbeiten.
  • Sofern größere Aufgaben in verschiedene kleinere Teilaufgaben zerlegt wurden, können die Kleingruppen kooperativ daran arbeiten. Die Morgenroutine oder die definierten Zeitfenster dienen dann dazu, über die Ergebnisse und Erkenntnisse auszutauschen. Über tlk.io kann tagsüber ein Backchannel für Rückfragen an die Kursleitung eingerichtet werden. Es ist sinnvoll und für die Studierenden entlastend,  den Chat in der Videokonferenz frei zu lassen.

3. Nachmittagsroutine

  • Nach dem Mittagessen kommen erneut alle Studierenden über Zoom oder eine andere Austauschplattform zusammen. Sie berichten von ihren Herausforderungen, Problemen, Erkenntnissen.
  • Die Nachmittagsbesprechung dient auch dazu, in der Gruppe zu klären, wer gerade über viel Zeit verfügt, und wer (da er soziale Aufgaben im Familien- oder Freundeskreis umsetzen will) dankbar ist, wenn er Unterstützung findet. Hier geht es darum Inhalte zu sammeln, zusammenzufassen oder aufzubereiten.

4. Austausch der Trainer, Ausbildende und Lehrpersonen 

  • Der Corona-Virus zeigt, dass spätestens jetzt alle Beteiligten in den „Lernmodus“ wechseln sollten.  Dies funktioniert noch besser, wenn „Lehrende“ sich regelmässig untereinander austauschen und ihre Lernerkenntnisse besprechen.
  • Alle Beteiligten profitieren von den Fehlern und Lessons learnt der anderen.
  • Auf der digitalen Pinnwand Padlet können Ergebnisse notiert, geteilt und kommentiert werden.
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Der Erklärvideo zur digitalen Pinnwand Padlet von Sebastian Schmidt.

Padlet ist auch geeignet für Brainstorming. Zusätzlich zu Text können Teilnehmende auch Fotos, Dateien, Zeichnungen, Links und Audioaufnahmen hochladen. Per Kommentarfunktion ist die Seite gut für Feedback geeignet. Hier geht’s zum Padlet von Jan Marenbach über den Aufbau virtueller Lernräume ohne LMS.

Als Alternative empfehle ich Telegraph. Hier können die Teilnehmenden wie in einem Blog arbeiten. Texte schreiben, URLs einbinden und Fotos hochladen. Die Seiten löschen wir nach ein paar Tagen. Der Link kann im Chat geteilt werden. Tim Kantorei erklärt hier in einem Tutorial die Funktionsweise von Telegra.ph.

Individuelles Feedback der Lehrperson per Stimme kann über qwiqr mitgeteilt werden. Wenn ich Rückmeldungen der Teilnehmenden und Studierenden sammle, beispielsweise während einem Zoom-Webinar, nutze ich mentimeter.com. Für ein Quiz oder zur Überprüfung lässt sich kahoot.com einsetzen. Hier findet sich ein Kahoot-Quiz zum Thema „Remote-Lernen“.

Die kostengünstigste Variante für Videos nochmals zum Schluss

Screencasts sind leichter zu erstellen, als viele denken. Sofern Sie mit PowerPoint arbeiten, geht’s noch einfacher: Sie können dort Ihre Slides und Ihre Stimme sofort als Video aufnehmen, ohne Zusatzkosten. Wiederum hilft ein externes Mikrophon, die Qualität des Tones zu verbessern. PowerPoint erlaubt Ihnen zudem, die Webcam einzustellen. Ihr Gesicht wird dann mit aufgezeichnet und in einer Ecke des Videos angezeigt. Zurückhaltendere Persönlichkeiten, nehmen nur die Folien auf.

Viel Glück und gutes Gelingen für Ihre nächste Video-Produktion und den Transfer Ihrer Inhalte auf Online. Suchen Sie Unterstützung in der Konzeption und Umsetzung, dann kontaktieren Sie mich für ein Mandat. Wünschen Sie ein persönliches Online-Coaching, dann finden Sie auf Fiverr mein aktuelles Angebot.

Reduktion … mit spitzer Feder!

Das Kabarett ist eine besondere Form der Kleinkunst. Oft werden dabei unterschiedliche Ausdrucksformen –Szenen, Monologe, Dialoge, auch Gedichte und manchmal Musik, miteinander verbunden.

Eine Abgrenzung zu Comedy und Stand-up-Comedy ist schwierig. Versuchen wir es so: Im Kabarett interessiert die zugespitzte Kritik an Politik und Gesellschaft. Comedy und Stand-up-Comedy hingegen, zeigen das komische Ringen von Einzelnen mit einem zunehmend komplexeren Alltag.

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Chris Rock, Stand-up-Comedy-Star aus Brooklyn

Im Kabarett wie auch in der Stand-up-Comedy beobachten wir Stilelemente wie Satire und Parodie, oft auch Sarkasmus und Ironie. Die Künstlerinnen und Künstler, die sich in einer oder in beiden Disziplinen bewegen, brauchen vor allem eines: den Mut, konsequent und einfach zu sein.

Ich geniesse alle die oben erwähnten Spielformen. Von Josef Hader bis Chris Rock. Und interessiere mich auch für die Logik, die dahintersteckt. Diese Tage lese ich darum das in Teilen empfehlenswerte Buch von Judd Apatow „Sick in the Head – Conversations About Life and Comedy“.Bildschirmfoto 2016-08-16 um 23.46.32

Es handelt sich um eine Art Dokumentation von Unterhaltungen über Unterhaltungen. Zusammengetragen von einem US-amerikanischen Filmemacher, Drehbuchautoren und Filmproduzenten. Einfacher erklärt: Rund 40 Interviews aus den letzten drei Jahrzehnten mit Landsleuten, die Komisches –am laufenden Band- produzier(t)en.

Ich nehme es gleich vornweg: die meisten Texte ärgern mich, denn viele Gesprächspartner simulieren mit ihren pseudoexistenzialistischen Spässchen Klugheit und transportieren doch nur flache Kalauer und Vulgarismen. Eine kritischere Haltung des Autoren den Interviewten „Grössen“ gegenüber, hätte den Texten gutgetan.

« Wenn du einem sieben Bälle zuspielst, fängt er keinen.

Spielst du ihm nur einen zu, hat er ihn bestimmt. »

Nadine Borter, Werbetexterin Agentur Contexta

Immerhin realisiere ich: wer glaubt, die Arbeit mache diesen Komikern ja vor allem Spass, irrt sich tüchtig. Der Spass macht vor allem Arbeit. Dann auch, neben der Schreiberei,  die zusätzlich Herausforderung, vor Publikum zu bestehen: Vor Menschen mit einem anderen Zugang zu Humor, einem anderen „Groove“ und anderen Erwartungen.

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Sketch mit Josef Hader aus dem Film „Aufschneider“

Bei der Lektüre merkte ich: es gibt bei der Satire, beim Humor, beim Kabarett und bei der Stand-up-Comedy Verbindungen zu „Didaktischen Reduktion“. Komik ist das Spiel mit Auslassungen. Immer geht es darum, aus einer Vielfalt auszuwählen. Kernbotschaften herauszuarbeiten. Komplexe Sachverhalte aufzubereiten und sie ansprechend, oder „eingängig“, manchmal auch zugespitzt, einem bestimmten Publikum zu präsentieren.

« I’dont know if comedians know how to work an audience anymore. »

Chris Rock im Interview mit Judd Apatow, S. 66

Noch anspruchsvoller ist diese Aufgabe für Karikaturisten. Mit wenigen Strichen und einzelnen Worten, müssen sie zu Rande kommen. Meister der Verkürzung sind für mich die Duos Greser&Lenz, sowie Hauck&Bauer, die wiederholt in der TITANIC, im Spiegel Online, aber auch in der Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung publizieren. Letztgenannte erzählen in Ihrem Interview vom 23.8.16 im Deutschlandfunk über ihren kooperativen und reduktiven Schaffensprozess.

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Greser&Lenz, Die Welt vom 4.11.14

Während Bühnenkünstler viel Zeit für den Aufbau ihrer Geschichte brauchen und diese schrittweise oder unerwartet zur Pointe führen, müssen Zeichnerinnen und Zeichner ihre Botschaft in nur einem oder in ganz wenigen Bildern transportieren. Genial, wenn es ihnen gelingt, fast ohne Worte und Text -nur mit rasch hingeworfenen Strichen- ein Schmunzeln oder Lachen bei den Betrachtenden hervorzuzaubern.

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Krautreporter, 22.10.14

Wer bis hierher gelesen hat, versteht mein Dilemma: selbst mir als als Trainer und Fachbuchautor fällt es schwer, das Phänomen in einfachen Worten zu umschreiben. Dabei bin ich gerade daran, dieses Thema, Reduktion mit Humor und Elementen aus der Stand-up-Comedy, bei der im Mai 2017 erscheinenden überarbeiteten Neuauflage meines Fachbuches, stärker zu gewichten.

Unter dem Titel „Reduziert, Didaktische Reduktion für Trainer, Ausbildende und Lehrende“ führe ich in der neuen Auflage auch Beispiele auf, wie eine humorvolle Haltung den Zugang zu Menschen und Themen vereinfachen und erleichtern kann.

Körperlich kann sich eine humorvolle Lebenseinstellung in Form von einer Reduktion der Stresshormone auswirken. Aus der Psychologie erhalten wir Hinweise, dass Humor unsere Fähigkeit, mit Belastungssituationen umzugehen, stärkt. Gemeinsames Lachen stärkt den Zusammenhalt und hilft, Konflikte zu entschärfen.

« Denn Satire, wenn man sie nicht so eng fasst wie das Kabarett oder sich ihr im Wunsch nach rein unterhaltsamer Ablenkung nicht verweigert wie die Comedy, kann so viel mehr sein. So viel mehr, dass vielleicht Satire längst nicht mehr der richtige Begriff dafür ist. Nur mehr ein Hilfswort, um juristische Auseinandersetzungen aushalten zu können. Ein inhaltlich eher störendes Codewort für „Hier dürfen wir alles. »

Tim Wolff, Chefredakteur TITANIC, 1.9.16 Nitro

Wer in der Erwachsenenbildung und im Training die Entfaltung der Teilnehmenden unterstützen will, so meine Erfahrung, wird sich an den neuen Fallbeispielen und Hinweisen erfreuen, die ihm in der Praxis Unterstützung bei der Auswahl und Aufbereitung von Stoff und Inhalten bieten können.

Storytelling…oder warum unser Gehirn Geschichten liebt

Eigentlich wissen wir es längst: Wenn wir eine Geschichte hören oder lesen, führen wir  verschiedene Geschehnisse dieser Geschichte „geistig“ aus. Oft sogar stellen wir uns die Handlung bildlich und in allen Farben vor.

Diese Tage war ich, wie viele Menschen, emotional berührt von den schrecklichen Ereignissen vom 7.1.15 in Paris. Underprivilegierte, verwirrte und emotional verhärtete Menschen verbreiteten Angst und Schrecken.

Charlie Hebdomadaire JeSuisCharlie CartoonUm mich etwas abzulenken und zu zerstreuen, las ich einen Artikel in der angesehen Zeitschrift „Psychological Science“. Dabei handelt es sich um eine „peer-reviewed“ Monatsschrift, die zu den verlässlichsten Quellen für Erkenntnisse aus der Neuropsychologie in den USA zählt.

In diesem Artikel, der bereits 2009 erschienen war und den Titel “Reading Stories Activates Neural Representations of Visual and Motor Experiences” trägt, halten die Forscher fest: Was in einer Geschichte passiert, „geschieht“ auch im Gehirn. Will heissen: Wir leben dort bis zu einem gewissen Grad die Geschichte ein zweites Mal aus.

Das Experiment mit den 28 Rechtshändern in St. Louis

Die Neuropsychologen an der Washington Universität in St. Louis setzten für verschiedene Experimente mit 28 Muttersprachlern leistungsfähige 3-T Siemens Visions Scanner (MRI) ein. Die Spielanlage beinhaltete, dass es sich um Rechtshändler handeln musste, die langsam und Satz für Satz eine Geschichte lesen mussten, bei der gleichzeitig die Gehirnströme gemessen wurden. Dies mit der Absicht herauszufinden, ob entsprechende Regionen durch einzelnen Abschnitte der Geschichte aktiviert wurden und mit einer stärkeren Durchblutung reagierten.

Ergebnis: Die Forscher fanden heraus, dass die Testpersonen in diesen Gehirnregionen besondere Aktivitäten zeigten, die auch im normalen Leben für die in der Geschichte geschilderten Vorgänge zuständig sind. Unterschiedliche Gehirnregionen reagierten auf unterschiedliche „Geschichts-Impulse“. Wenn der „Held“ der Geschichte sich bewegte, regte sich auch die Gehirnregion, die für Bewegung und Fortkommen zuständig ist. Wenn sich der „Held“ etwas vorstellte, zeigten sich Aktivitäten in jenen Regionen, die für Denkprozesse wichtig sind.

Präfrontaler CortexDie Rolle des Präfrontalen Kortex

Besonders spannend finde ich folgendene Erkenntnis: Wenn der Hauptdarsteller sein Ziel ändert, zeigten sich stärkere Reaktionen im Präfrontalen Kortex. Dieser Teil des menschlichen Gehirns wird oft mit der Fähigkeit, Ziele zu setzen und diese verfolgen zu können, in Verbindung gebracht. Typischerweise zeigen Menschen, die eine Schädigung des Präfrontalen Kortext erlitten haben, Schwierigkeiten darin, sich einfache Tagesziele zu setzen und diese erfolgreich zu realisieren. Ebenfalls beobachtete ich bei der Bildungsarbeit mit Jugendlichen und jungen Menschen, bei denen dieser Teil der Gehirnregion noch nicht vollständig ausgewachsen ist, exakt bei dieser Aufgabe (sich Ziele setzen und die Umsetzung der Ziele unverzüglich anzupacken) besondere Herausforderungen.

Wer eine Geschichte hört oder liest, verbindet in der Regel sein Weltwissen und seine Erfahrungen mit dem Stoff der neuen Geschichte. Die Forschungsergebnisse sagen dazu: Um die Geschichte „verstehen“ zu können, spielt das Gehirn die einzelnen Aspekte nochmals durch. Und Veränderungen in der Geschichte selber, spiegeln sich in veränderten Reaktionen in unterschiedlichen Hirnregionen.

Worauf Ausbildende und Lehrpersonen achten sollten

Storytelling hilft Lernenden, einen Sachverhalt geistig nochmals durchzuspielen. Wenn wir statt auf Begriffe, Zahlen und Fakten vermehrt auf Geschichten setzen, vereinfachen wir ihnen den Lernprozess. Durch diese „zweite Aufführung“ im Gehirn erstellen die Studierenden zusätzliche Verknüpfungen, verbreiten bestehende und speichern so Wissenselemente besser im Gehirn ab.

Meine persönliche Erkenntnis aus der Lektüre ist folgende: Eigentlich ist unser Gehirn ein lebendiges Datenverarbeitungssystem mit einer besonders effizienten „Software“, die umfangreiche Informationseinheiten gerne in Geschichten verpackt.

Und genau so wie eine gute Softwareentwicklerin gelobt wird, wenn ihr Programm…

  • grosse Datenmengen rasch verarbeitet
  • Informationen verdichtet
  • möglichst wenig Energie verbraucht
  • sichere Orientierung erlaubt
  • Fehler zulässt und trotzdem stabil bleibt
  • bei Teilausfällen trotzdem funktionsfähig bleibt
  • Mehrdeutigkeiten zulässt

verfügen wir Menschen mit dem Gehirn über dynamisches System, welches in Millionen Jahren gelernt hat, Informationen zu empfangen und weiterzugeben, ohne bei überraschenden Varianten gleich auszufallen.

Die höchste „Performanz“ zeigt sich aus meiner Sicht z.B. in der Fähigkeit, Ironie zu verstehen. Dazu ein Beispiel: Angenommen einem Kind passiert bei einem Familienausflug ein Missgeschick: Beim zweiten Auswurf bleibt ihm die Angelschnur der Fischerrute am Hut eines (noch) unbekannten anderen Hobby-Fischers hängen…

Stellen wir uns vor, dass dieser Vater, ohne dass das Kind sein Gesicht sieht, laut ausruft:

„Das hast du gut gemacht!“

Wenn das Kind in Sekundenbruchteilen in den verschiedensten Gehirnarealen nach Kurzgeschichten sucht, in denen die gehörten Zeichen von Bedeutung sind, wird es die Bedeung der väterlichen Aussage vermutlich verstehen. Wenn jedoch in seinem Repertoire kein Beispiel für Geschichten abrufbar ist, in denen eine Erwachsene Person nicht das meinte, was sie sagte, wird das Kind die Ironie nicht erfassen können.

Foto Junge unter Wasserstrahl

Nur das, was wiederholt vorkam oder tiefe emotionale Spuren hinterlassen hatte, wurde  im kindlichen Gehirn abgespeichert. Intuitiv wissen vermutlich alle Kinder dieser Welt, dass sie wohl über ein geniales „Starterkit“ verfügen, aber dieses Gehirn Stück für Stück mit weiteren Informationspaketen ergänzen müssen. Damit sie als Individuen in dieser Welt bestehen und sich reproduzieren können. Aber auch an veränderte Verhältnisse anpassen und dadurch überleben. Vermutlich ist dies der Grund, warum Kinder fragen:

  • Wie funktioniert die Welt?
  • Warum haben die Attentäter in Paris dies getan?
  • Wer bin ich ?
  • Wie muss ich mit anderen Menschen umgehen?
  • Wer beschützt mich, wenn ich bedroht werde?

Nur Antworten aus Geschichten sind klar und gleichzeitig auch undeutlich genug, um Varianten zuzulassen, sofern dies notwendig sein sollte. Storytelling…was uns als selbstverständlich erscheinen mag, ist vermutlich die genialste Erfindung der Evolution.

Quelle:
Speer, N. K., Reynolds, J. R., Swallow, K. M., & Zacks, J. M. (2009). Reading Stories Activates Neural Representations of Visual and Motor Experiences.Psychological Science, 20(8), 989–999. doi:10.1111/j.1467-9280.2009.02397.x

Für eine Pädagogik in der Dimension 3.0

Das neue Buch “Digitale Dividende” von Prof. Dr. Olaf-Axel Burow erinnert mit seinem Titel an den polemischen Bestseller “Digitale Demenz” des deutschen Psychiaters Manfred Spitzer. Doch im Gegensatz zu Spitzer betont Burow die erweiterten Möglichkeiten, die „Lernen in der Dimension 3.0“ den neuen Generationen bietet.

Digitale Dividende Olaf-Axel BurowDer Untertitel fasst die kritische Haltung Burows den „klassischen“ Bildungsinstitutionen gegenüber gut zusammen: “Ein pädagogisches Update für mehr Lernfreude und Kreativität in der Schule”.

Drei Arten von Lernen unterscheidet der Unterrichtsentwickler und Kreativitätsforscher:

  • Lernen in der Dimension 1.0

Burow meint damit ursprüngliches oder „natürliches“ Lernen, aus eigenem Antrieb und mit selber definierten Lernzielen

  • Lernen in der Dimension 2.0

Industriell gestaltete und organisierte Lernprozesse, so wie in der Schule oft erlebt

  • Lernen in der Dimension 3.0

Eine Mischform, die auf bewährte Elemente aus den ersten beiden Varianten plus die „Digitale Dividende“, sprich Möglichkeiten der Informations- und Kommunikations-technologie baut. Denn die neuen Medien, klug eingesetzt, befähigen Bildungs-institutionen, unabhängig von Ort und Zeit, die besten Lehrpersonen und Lernmaterialien online zur Verfügung zu stellen. Und wenn Lernende und Studierende auch in die Produktion von Lernmaterialien einbezogen werden, ergibt sich ein vielfältig vernetztes Synergiefeld von Menschen und Gruppen mit all ihren Fähigkeiten.

Fazit: Ein inspirierendes und zeitgemässes Buch. Seine pädagogischen Analysen und praktischen Hinweise helfen interessierten Lehrpersonen und Ausbildenden, ihre Lernangebote näher an die Zukunft zu führen. Der Autor zeigt, dass er –im Gegensatz zu Spitzer- über den eigenen Tellerrand blicken kann in dem er auch Erfahrungen aus anderen Disziplinen in seinen Überlegungen berücksichtigt.

Interview mit Gerald Hüther über die Bedeutung der Selbstorganisation und Potenzialentfaltung

Ende Mai 2013 hatte ich Gelegenheit, mich mit Prof. Dr. Gerald Hüther in Zürich zu treffen. Der breiteren Öffentlichkeit ist der sympathische Neurobiologe und Leiter der Zentralstelle für neurobiologische Präventsionsforschung der Unis Göttingen und Mannheim / Heidelberg durch eine Reihe von Büchern bekannt, die anregende Titel tragen:

Jedes Kind ist hoch begabt: Die angeborenen Talente unserer Kinder und was wir aus ihnen machen (2012)

Biologie der Angst. Wie aus Stress Gefühle werden (2012)

Was wir sind und was wir sein könnten: Ein neurobiologischer Mutmacher (2011)

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Im Folgenden finden Sie das Interview, welches im Dezember 2013 in der Agenda Nr. 7, dem Kundenmagazin der aeB Schweiz – Akademie für Erwachsenenbildung, erschienen ist.

Interview mit Gerald Hüther

Succint and to the point…warum uns die Angelsachsen in der Rhetorik voraus sind.

Hand auf’s Herz: Im deutschsprachigen Raum geben wir viel dafür, dass rationale, methodisch aufbereitete Inhalte in unseren Vorträgen die Hauptrolle spielen sollen. Zu viel Beredsamkeit scheint uns verdächtig: reisserisch, kommerziell…irgendwie unseriös.

Da ich diese Tage ein Training zum Thema „Präsentationstechnik“ in Englisch umsetzen konnte, beschäftigte ich mich intensiv mit angelsächsischer Rhetorik. Dabei fiel mir erneut auf: Viele Redner im englischsprachigen Kulturkreis packen die Sache pragmatischer an. Nicht Zahlen, Daten und Fakten zählen – am besten schön nachvollziehbar auf PowerPoint gebrannt und in einem Massnahmenkatalog gebündelt.

Nein, das Motto lautet:

„All business is showbusiness.“

Vor allem die US-Amerikaner rütteln ihr Publikum mit zugespitzen Aussagen, optimistischen Visionen und ansprechend gestalteten „Slides“ aus dem Dämmerschlaf.

Doch sowenig die fast schwebend über die San Francisco Bay gespannte Golden Gate Bridge ohne Pfeiler auskommt, vertraut die nordamerikanische Rhetorik allein auf ausladende Gestik und grosse Worte.

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Je komplexer das Thema, desto mehr Sorgfalt verwenden auch die Nordamerikaner darauf, ihre Behauptungen zu stützen. Doch im Unterschied zu Deutschen oder Schweizern setzen sie Details und Fakten anders ein als wir: Trägt die Info zur Klarheit bei? Unterstützt sie argumentativ die „Big Idea“?

Leuchtet die Info nicht unmittelbar ein oder gewinnt sie nicht automatisch maximale Zustimmung, würde sie die Rede nur überfrachten. Folglich fällt sie raus. Im besten Fall werden hilfreiche Details exakt in dem Moment geliefert, wo das Publikum danach verlangt.

Beispiel: Statt über die erschreckende Tatsache zu sprechen, dass zur Zeit jährlich 20 Mio. Hektar Regenwald abgeholzt werden, sagen die Angelsachsen:

„Diese Fläche entspricht ungefähr der Grösse von England.“.

Aus Sicht der Didaktischen Reduktion möchte ich festhalten: Für mich bedeutet inhaltliche Dichte und Stringenz mehr und anderes als eine nicht enden wollende Aneinanderreihung von Einzelfakten. Denn Substanz kann auch bedeuten, dass eine Rede den Zuhörern eine tatsächliche Argumentation, einen Gedankengang, zumutet.

Fazit: Angelsachsen setzen mehr auf die Wirkung einer Rede, als auf die erschöpfende Behandlung des Themas. Um Zahlen und Komplexität einfacher zu vermitteln, verwenden sie einen besonderen Begriff: „Social Math“. Die „soziale Mathematik“ bettet Zahlen in einen für die Zuhörer möglichst nachvollziehbaren gesellschaftlichen Kontext. Damit öffnet sie neue, auch emotionale Dimensionen des Begreifens.

Angewendet auf das oben aufgeführte Beispiel:

„Würde jeder Einwohner in den USA seine Seitenränder von 3 cm auf 2 cm ändern, würden wir soviel Schreibpapier einsparen, dass wir jedes Jahr einen Wald etwa in der Grösse von Rhode Island retten könnten.“

Didaktische Reduktion in China

aeB Switzerland goes ChinaThe Model of David A. Kolb and the Learning StylesThe Beginning of a Presentation

The Middle of a PresentationThe End of a Presentation  Bild

Im Auftrag einer grossen und weltweit engagierten Industriefirma aus Zürich führte ich diese Tage einen Trainingsauftrag in Shanghai durch. Die Chinesen sind sehr interessiert an westlichen Unterrichtskonzepten. Das Auftragsthema lautete „Didactics & Presentation Techniques“ und die Zielgruppe sind leitende Ingenieure und Techniker aus Shanghai und Peking.

Wir arbeiteten u.a. mit dem Modell von Martin Wagenschein (Grundlandschaft mit Tiefenbohrungen) und entwickelten Möglichkeiten für die Didaktische Reduktion.

Der Auftrag war erfolgreich und Mitte Juni findet eine Fortsetzung statt. Kommentar der chinesischen Partner:

„There are many companies in China interested in this kind of training!“.

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Sommerferien – Zeit für das süsse Nichts-Tun? Interessanter Podcast auf DRS 2 beleuchtet die Psychologie der Motivation

«Der Mensch ist geboren, um nachzudenken und zu handeln», sagte schon der römische Philosoph Cicero.

Doch diese Tage stehen für viele Menschen Ferien auf dem Programm und viele zieht es Richtung „süsses Nichtstun“. Doch geht das überhaupt und ist das Nichts-Tun wirklich erstrebenswert? Oder einfach nur ein Gegenpol zum ungesunden Zuviel-Tun?

DRS 2 bringt in der Reihe „Kontext“ einen interessanten Beitrag über das Thema „Nichtstun“. Veronika Brandstätter, Professorin für Motivationspsychologie und Balts Nill, Musiker und Autor, geben kluge Antworten auf Fragen wie z.B. „wie kommen wir in den Fluss des Handelns“, oder „was hat es mit dem Flow auf sich – dem kreativen Fluss, aus dem Künstler und normale Menschen ihre Kunst und ihr Leben gestalten können“ ?

Den Link zum Podcast finden Sie hier: http://bit.ly/RQHYuV

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Neuerscheinung: Spielbar Swiss Edition

Zusammen mit 49 Autorinnen und Autoren aus der Alpenrepublik legt Axel Rachow hier nach Spielbar I, II und III eine neue Variante der beliebten Spiel-Sammlungen für die Seminarpraxis vor.

Rund 60 praktisch erprobte, brauchbare und von Ausbildungsprofis beschriebene Spielanleitungen werden auf ca. 200 Seiten systematisch beschrieben. Die einzelnen Seiten sind perforiert und erlauben so ein einfaches Heraustrennen und Sammeln der ausgewählten Spielideen. Ein Kategorienverzeichnis (von Wahrnehmungsspielen bis zu Rollen-, Entscheidungs- und Bewegungsspielen) sowie ein Vorschlagskatalog für Spielziele (von Kontakt aufbauen bis zu Standpunkte vertreten) hilft bei der Orientierung und Auswahl.

Im Vergleich zu früheren Ausgaben, wovon einige Ausbildungsfachleute oft gleich mehrere zu Hause in Griffnähe haben, ist diese eigentliche 4. Version der „Spielbar-Reihe“ noch etwas sorgfältiger mit Fotos und Anleitungen versehen, was eine Umsetzung und Anwendung  erleichtert. Ich weiss nicht wie es Ihnen ergeht: Das Gewohnheitstier Mensch schätzt den graphisch und in der Struktur immer gleichartigen Aufbau der Spielerklärungen, wer sich also bereits an die Reihenfolge von

-Ziel
-Beschreibung
-Variationen
-Kommentar
-Auswertung/ Überleitung
-Einsatzmöglichkeiten und
-Technische Hinweise

gewöhnt hat, wird sich mit der „Swiss Edition“ rasch zurechtfinden. Dies im Gegensatz zu den auch kostenlos im Internet greifbaren Spielesammlungen, wie sie einige Universitäten und pädagogische Fachhochschulen anbieten, die vielleicht ein aktuelleres und noch breiteres Spektrum bieten, aber durch die unterschiedlichen Darstellungsformen unübersichtlicher sind.

Fazit: „Vier Augen sehen mehr als zwei“ hiess es in meiner Jugendzeit. Diese praktische Spielesammlung zeigt die Vielfalt an methodischem Repertoire, die zusammenkommt, wenn 49 Personen ihre Spielvorschläge zwischen zwei Buchdeckel legen. „Homo ludens“, der spielende Mensch, den wohl auch Herbert Marcuse in Gedanken hatte, als er eine Rückbesinnung auf das Ästhetische und Spielerische forderte, freut sich daran, denn im Spiel liegt Potential um verfestigte Strukturen zu durchbrechen und Innovationen hervorzubringen.

Ich empfehle die Sammlung allen spielinteressierten und in der Aus- und Weiterbildung tätigen Personen und freue mich auf den nächsten Wurf, die Spielbar Nr. V, die dann vermutlich „Austria Edition“ heissen wird.

Spielbar Swiss Edition, von Axel Rachow und Johannes Sauer (Hrsg.), Verlag ManagerSeminare, ISBN 9 783941965416, März 2012

Lernen mit Social Media und Crowd-Sourcing…erweiterte Lernformen mit Web 2.0

Im Guardian erschien heute ein interessanter Artikel:

http://www.guardian.co.uk/technology/appsblog/2012/mar/23/apps-mobilephones?INTCMP=SRCH
Er berichtet über die innovative Firma http://www.memrise.com

Diese bieten ein einfaches und kostenloses online Lern-Instrument an, dessen Technologie auf „FarmVille“ – Ansätzen aufbaut: Mit einer einfachen Oberfläche können Fremdsprachen, also Wörter auf Englisch, aber auch Geschichte, Käsesorten etc. gelernt werden.

Die Technologie verbindet Erkenntnisse aus den Neurowissenschaften mit dem menschlichen Spieltrieb. Wer mitlernt, kann sich, e nach dem, wie erfolgreich die Aufgaben bewältigt wurden, eine Art „blühender Garten“ erschaffen (was ja einer wunderbaren Metapher für das Lernen ist entspricht).

Fortgeschrittene können selber auch Aufgaben kreieren und auf der Plattform einstellen.  Die Anwendung ist als App auf Smartphones einsetzbar. Das Angebot befindet sich noch im Aufbau. Interessant ist das Beispiel der Lektionen auf Mandarin: Dort werden die Schriftzeichen auch als Symbol (was steckt hinter dem Zeichen für „Mensch“) dargestellt und ein kleiner Video zeigt, wie die Zeichen richtig geschrieben werden.